Aktuelles

 Meditative Textanregung für die Kar- und Ostertage 

ende der sonnenfinsternis

wir leben nicht in goldenen Zeiten
eh wir erwachen sind schon
die ersten Rettungswagen unterwegs                                      
fragen kinder vergeblich nach brot
es ist zeit dem lenker der geschichte
(das behaupten sie jedenfalls von IHM)               
lästig zu fallen und ihn auf diesen
unmöglichen zustand aufmerksam
zu machen.
Vielleicht tritt er dann
aus seiner sonnenfinsternis heraus
damit wir zur einsicht kommen
schließlich geht es um unser leben
auf dem sprachplaneten erde
staub im sternenchaos welt
W. Bruners

 

Nicht vom Brot allein

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein,
er stirbt sogar am Brot allein,
einen allgegenwärtigen,
schrecklichen Tod,
den Tod am Brot allein,
den Tod der Verstümmelung,
den Tod des Erstickens,
den Tod aller Beziehungen.
Den Tod.
bei dem wir noch eine Weile
weiter vegetieren können,
weil die Maschine noch läuft,
den furchtbaren Tod der Beziehungslosigkeit:
Wir atmen noch,
konsumieren weiter,
wir scheiden aus,
wir erledigen,
wir produzieren,
wir reden noch vor uns hin
und leben doch nicht.
Alleinsein
und dann alleingelassen werden wollen;
keine Freunde haben
und dann den Menschen misstrauen
und sie verachten,
die anderen vergessen
und dann vergessen werden,
für niemanden dasein
und von niemandem gebraucht werden;
um niemanden Angst haben
und nicht wollen,
dass einer sich Sorgen um einen macht,
nicht mehr lachen
und nicht mehr angelacht werden;
nicht mehr weinen
und nicht mehr beweint werden:
der schreckliche Tod am Brot allein.       Dorothee Sölle

 

Ein Fremder hilft

Ein „gewisser“ Simon von Zyrene,
einer von der Straße,
ein Fremder seiner Herkunft nach,
wird Freund,
Bruder,
Jünger,
Kreuzträger.
Ein Zeichen setzt Simon,
ein Zeichen für alle,
die ihr Kreuz nicht suchen,
es aber tragen
wenn es ihnen aufgezwungen wird.
Und viele gehen gezwungenermaßen unter ihrem Kreuz.                                     
Sie tragen das Kreuz der Armut,
das Kreuz des Hungers,
das Kreuz der Unterdrückung,
das Kreuz der Flucht,
das Kreuz der Fremde,
das Kreuz der Obdachlosigkeit.
Nichts nennen sie mehr ihr Eigen,
es sei denn, das Kreuz.

Ob sie Mittragende finden?

Sieger Köder/ Klaus Gouders

 

Konkret (Kurt Weigel)

Liebe ist nicht abstrakt,
hat Fleisch und Blut
Hände und Augen,
möchte Rücken heilen,
Tränen in Kristalle verwandeln,
Höhlen mit Lachen erfüllen…
Liebe weckt Liebe,
flüstert aus Lippen Unsagbares,
tastet sich unter die Haut,
sucht brennende Funken in grauer Asche.
Eines Tages muss er sie geweckt haben -
man sagt, Er sei die Liebe -
seitdem suche ich in jedem Auge
nach den Perlen des Herzens,
streiche die Zärtlichkeit
aus weicher Haut,
wiege den Tanz aus den Hüften,
küsse das Leben aus den Steinen,
singe den Atem hinein in den Nebel
und vertraue der Erde, aus hartem Kern
flüsternde Bäume wachsen zu lassen…
Er kann nicht anders.
Ich kann nicht anders.

Kannst du anders?

 

spurensuche

gesucht
der mensch
vielleicht der eine
der immer herabsteigt
selbst die gräber
ihm nicht zu tief
zu tot
in seiner stimme die sorge
er könne verwunden
verletzen
erde könne sich zu weit entfernen
von der sonne
die angst
zu weit von der hoffnung
der glaube
zu weit von der liebe
                          W. Bruners

 

Vom Leiden

Leiden ist Leiden und nichts daneben. Nicht eine göttliche Prüfung für Menschengehorsam, nicht die Quittung für Untaten aus früheren Leben und auch nicht eine leider unabdingbare Voraussetzung für angeblich höhere spirituelle Weihen. Leiden ist einfach nur Leiden. Und Gott hat damit gar nichts zu tun. Leiden ist nicht von Gott verhängt, nicht von Gott gewollt, nicht durch Gott zu verhindern. Wer irgend einen höheren Sinn in das Leiden hinein konstruiert, der oder die weicht dem vollen Schmerz, dem wirklichen Schrei nur aus. Bei sich selbst und bei anderen. Und dieses Ausweichen hat Folgen. Es ist der sicherste Weg für immer im ohnmächtigen, dumpfen Leiden gefangen zu sein, ruhig gestellt durch ein spirituelles Trostpflästerchen.
Gott will nicht, dass wir leiden. Nicht eine Sekunde glaube ich daran, dass Gott die schrecklichen Erlebnisse meiner Kindheit für mich gewollt hat. Gott wollte mich als fröhliches, glückliches Kind, nicht als vergewaltigtes und misshandeltes Opfer. Eine andere Frage ist es, ob und wie die Erfahrung solcher Zerstörung umgewandelt werden kann in die Erfahrung von etwas anderem, in die Erfahrung von Heilung, in die Stärke einer Überlebenden.
Es ist möglich, dass dies geschieht. Es ist in besonderem Maße möglich, wenn ich mich dabei auf Gott als Verbündete stütze. Und Gott ist mit allen verbündet, die unschuldig leiden.
Gott ist stärker als alles Leid dieser Welt und kann es trotzdem nicht verhindern. Das verstehe, wer will oder kann. Ich verstehe es nicht. Aber es ist das, was ich erlebe. Gott hat die Macht, aus der vollen Wucht meines Schmerzes etwas Neues entstehen zu lassen. Auch die schrecklichste Kindheit, auch die schlimmste Erniedrigung konnte mich nicht endgültig vernichten. Gott umschließt meine Wunden mit ihrer gewaltigen Liebe. Manche dieser Wunden heilen durch Gottes Berührung – nicht alle. Die anderen brechen an manchen Tagen wieder auf, und es tut weh. Dann stelle ich mir vor, wie Gott mit unendlicher Sanftheit in meine Seele hinein pustet und mich auf diese Weise zu trösten versucht. Danach tut es immer noch weh, aber anders.

Gott schüttet ihren Segen aus über alle Gedemütigten und Erniedrigten. So hat sie es versprochen, so hält sie es auch.

Gott, Du verborgene Weberin, mit zärtlichem Atem webst Du mir Heilfäden in die Seele.

Gott, Du Allbarmherzige, aus Deiner Liebe schöpfe ich neue Würde und Kraft.                                                         Carola Moosbach

 

Nicht verpassen
möchte ich
das Einsetzen
des Tauwetters
die Rückkehr der Zugvögel
das Aufspringen
der Knospen
den Aufstieg
des Kometen.
Nicht verpassen möchte ich                                                            
die Flucht der Mächtigen
die Auferstehung der Schwachen.
Nicht verpassen möchte ich
den Tag an dem alle Felder
grün sind von Hoffnung.
An dem auf allen dunklen Wegen
Kerzen leuchten.
An dem die Menschen
sehen, hören und sprechen
den Tag, an dem die Steine
weich werden.
Ich möchte dabei sein.            Anne Steinwart

 

  1. Segen

Möge Gott dich segnen mit Unbehagen...
über billige Antworten, Halbwahrheiten und
oberflächliche Beziehungen,
so dass du in der Tiefe deines Herzens lebst.
Möge Gott dich segnen mit Zorn...
über Ungerechtigkeit, Unterdrückung
und den Missbrauch von Menschen
so dass du dich einsetzest für Gerechtigkeit,
Würde, Freiheit und Frieden.
Möge Gott dich segnen mit Tränen..
vergossen für die, welche an Schmerzen,
Zurückweisung, Hunger und Krieg leiden,
so dass du deine Hände ausstreckst, um sie zu trösten
und ihren Schmerz in Freude zu verwandeln.
Und möge Gott dich segnen mit genug Torheit...
damit du glaubst, dass du in der Welt einen
Unterschied machen kannst,
und das tun kannst, von dem die andern sagen,
es sei unmöglich.
So segne dich der dreieine Gott,
der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

 

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