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GEDANKEN ZUM TOD VON PETER SCHUBERT
Schriftstelle: Mt.11, 28-29
Kommt alle zu mir, ihr Mühenden und Überbürdeten: Ich werde euch aufatmen lassen. Mein Joch nehmt auf euch und lernt von mir; denn sanft bin ich und von Herzen niedrig, und ihr werdet Aufatmen finden für euer Leben.
GEDANKEN ZUM TOD VON PETER SCHUBERT
Was zählt ein Mensch?
Solange sein Leben in „sogenannten“ geordneten Bahnen verläuft – eine Menge bis viel.
Wenn sich Brüche im Leben einstellen oder jemand aneckt – wird es schon schwerer.
Wenn von der Sehnsucht nach Leben, Glück, Geborgenheit – nur noch die Sucht übrigbleibt, wird es nicht selten ganz schwierig…
Was zählt ein Mensch – wo wir doch wissen, dass jede und jeder ein Menschenrecht auf Anerkennung seiner Person und Würde hat und wo wir gläubig bekennen, dass jeder Mensch ein Geschöpf, ja Ebenbild Gottes ist – mit Freiheit beschenkt in seinem Lebens- und Glaubensweg.
Was zählt ein Mensch?
Ich bin betroffen – das habe ich im Zusammenhang des Todes von Peter oft gehört und erleben können als tiefste Betroffenheit. Es war und ist eine tiefe Verbundenheit zu diesem Menschen hin spürbar – nicht nur von seinen Kollegen und Kumpeln, sondern auch von Menschen, die ihn gar nicht oder gar nicht so gut gekannt haben.Verbundenheit wegen seines Todes und vielleicht auch wegen der Umstände dieses Todes... Sein Tod ist für nicht wenige Anlass über die Bedingungen des Mensch-seins nachzudenken. So ein Tod – mitten in der Stadt, mitten zwischen den Häusern, nicht weit auch von der Gastkirche – das macht betroffen und tut daher auch weh.
Peter Schubert zählt für uns als Mensch! - in seiner Würde und für viele von uns – als Geschöpf Gottes, dessen „Ja“ ihm gilt und als jemand, den man gern haben konnte und gern hatte. Er ist einer von uns – auch wenn sein Lebensweg – aus welchen Gründen auch immer – und das wird Peters Geheimnis bleiben – sich anders gestaltete als der Lebensweg vieler hier.
Sein Tod tut weh – und der Ort seines Sterbens bringt viele Fragen mit sich.In einer solchen Situation ist man versucht, wenn man sich ihr ehrlich stellt, nach Ursachen zu suchen..., vielleicht sogar auszumachen, wo die Schuld an einem solchen Tod liegt: beim Betroffenen, bei Behörden und Institutionen, bei Mitmenschen…
Die Frage sich selbst zu stellen: was hätte ich anders machen können, wo hätte durch mich etwas anders laufen können – kann einem niemand abnehmen. Aber hüten wir uns davor zu schnell ein Urteil zu fällen… zu schnell Schuldige auszumachen…
Das Leben eines Menschen ist sein Leben… und das schreibt seine eigene Geschichte und Wirklichkeit … und nicht immer auf „sogenannten“ geraden Zeilen.
Und aufs Ganze gesehen kenne ich oft nur aus dem Leben eines Menschen, aus den Zusammenhängen seines Lebens – nur einzelne Buchstaben. Die ganze Wirklichkeit – kennt nur der einzelne selbst.
Wir hängen an dem Wunsch – Peter wäre noch da und sein Sterben wäre anders gewesen – auch weil wir christlich um die Herausforderung des Evangeliums wissen: „...wann haben wir dich fremd und obdachlos gesehen und aufgenommen… was ihr dem Geringsten meiner Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan..“ ( Matthäusevangelium Kap. 25 ) Das Wort Jesu ist deutlich, daran gibt es nichts zu deuteln…
Wir erleben aber auch die Spannung, die das mit sich bringt – aus dem frei gewählten Weg eines Menschen heraus. Die jüdisch-christliche Philosophin Edith Stein hat das einmal so ausgedrückt: „Das müssen wir auch lernen – andere ihr Kreuz tragen sehen und es ihnen nicht abnehmen zu können“ Ja, manchmal kann man nur einfach dastehen, nichts tun, nur die Offenheit bewahren, den Faden der Beziehung halten.
Wir hängen an dem Wunsch – Peter wäre noch da, weil wir ihn kannten, mochten, weil er mit seiner Freundlichkeit und Art zum Leben unserer Stadt dazu gehörte. Und weil wir ihn gern haben – gehört auch der Respekt vor seinem Weg dazu.
Brot und Rosen sind Bedingungen unseres Mensch-seins. Der Dichter Rilke erinnert in der Erzählung über eine Begegnung mit einer Bettlerin in Paris an die materielle – aber auch gerade immaterielle Seite des „Lebens-Notwendigen“.
Offene Türen, Orte des Unterkommens und Wohnens, das Brot auf dem Tisch: das ist „notwendiges tägliches Brot“…. Beratungsmöglichkeit in wichtigen Fragen des Lebens und für Suchtkranke: Räume des sauberen Konsums sind nötig wie das tägliche Brot, aber auch mitmenschliche Annahme, Zuhören, Zuwendung, Mitsorge und Mitfreude:.Die Rosen des Lebens brauchen wir Menschen, zumal wenn die Straße das Zuhause ist .Das nimmt die Politik und Verwaltung einer Stadt in die Pflicht. Das macht Hilfsinstitutionen wie die Drogenberatung, die Wohnungshilfe der Diakonie, das Frauenhaus, das ök. Arbeitslosenzentrum, die städt. Übernachtungsstelle so nötig.
Das macht die freien Angebote von offenen Haustüren bis zum Gasthaus wichtig…
Und das spricht jeden persönlich von uns an: so wie wir es je können auf unserem Hintergrund jeweils: „Brot und Rosen“ sind Bedingungen unseres Mensch-seins,.
Christlich gesprochen: unsere Hoffnung für das Leben beginnt nicht erst mit dem Tod, sondern wir sind jetzt schon eingeladen, immer wieder Brücken zu schlagen zwischen uns Menschen, gemeinsame Wege zu suchen und zu gehen, einander zum Leben zu helfen, miteinander zu leben...
Wir nehmen nicht „hoffnungs-los“ Abschied von Peter und ich wünsche vielen, dass sie das teilen können:
Es ist mein Glaube, dass Peter nun in Gottes Ruhe und Geborgenheit neues Leben erfahren darf.
„Ich werde Dich aufatmen lassen“ (Mt.25,28) -Das Wort Jesu gilt ihm.
Hinterm Horizont ist nicht Ende – das dürfen wir für ihn und uns alle erhoffen.
(Ansprache im Trauergottesdienst 5.02.2022 L. Ernsting)